Vom 17. Mai bis zum 15. Juli konnte man in der Gießener Fußgängerzone Bekanntschaft mit Wesen schließen, die es in unserer Welt schon lange nicht mehr gibt. Im Rahmen der Ausstellung „Urzeit in Gießen entdecken – was nach den Dinosauriern kam“ wurden 34 lebensgroße Nachbildungen von Sauriern, Höhlenbären und ähnlichen Gesellen in der Fußgängerzone und im Botanischen Garten verteilt. Dazu kamen noch die Frühmenschen-Ausstellung „Durch Steppe und Eiszeit – Wie wir wurden, was wir sind“ im Wallenfels’schen Haus (eine Produktion von Studenten der Justus Liebig-Universität Gießen) sowie die Ausstellung „Jungtiere und Besonderheiten der Urzeit“ in der Galerie Neustädter Tor. Insgesamt waren damit 60 Modelle zu bestaunen, jedes davon mit einer erklärenden Texttafel versehen.

Die Modelle stammen von der Bernd Wolter Design GmbH, wie schon 2010 die Vorgängerausstellung „Dinos in Gießen entdecken – Giganten der Urzeit„. Jedes Modell wurde von einem Gießener Unternehmen bzw. von einer Gießener Institution gesponsert. Das Projekt wurde vom Stadtmarketing Gießen und der Universität umgesetzt.

Ich habe am letzten Wochenende noch schnell die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und mir am Samstagabend die Open Air-Ausstellung und die in der Galerie Neustädter Tor angeschaut – für den Botanischen Garten und die Frühmenschen war es leider schon zu spät.

Es ist ein interessantes und sehr vergnügliches Erlebnis, durch die wirklich schöne Gießener Innenstadt zu flanieren und dabei, meist im Abstand von wenigen Metern, auf die Urzeitviecher zu stoßen. Der Faltplan war natürlich eine große Hilfe, vor allem bei der Suche nach den kleineren Tieren – diese verbargen sich nämlich teilweise in Schaufenstern. Nach den Riesen zu Anfang musste man auf die Idee erst mal kommen!

Die erste Station war also das Mesozoikum (251 – 65 Millionen Jahre v.Chr.), auch Erdmittelalter genannt. Bekannter sind meines Wissens die Namen der Abschnitte des Mesozoikums: Trias, Jura und Kreide. In einer Katastrophe, über deren Natur bis heute Unklarheit herrscht, waren 90% der Tierarten auf dem Planeten verschwunden – es war also reichlich Raum für die Entwicklung neuer Arten vorhanden. Die Dinosaurier entstanden und starben wieder aus, aber auch erste Säugetiere entwickelten sich. Es gab noch einen Superkontinent, Pangaea, auf dem das klima weltweit beinahe einheitlich war: zu Beginn gab es große Wüsten, danach wurde es feuchter und eher tropisch. Selbst an den Polen gab es kein Eis auf der Erde.

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Am Ende des Mesozoikums kam es vermutlich zu dem berühmten Meteoriten-Einschlag, der das Aussterben der Dinosaurier und zahlloser anderer Arten zur Folge hatte. Die Kontinentalplatten verschoben sich, und anstelle des Superkontinents Pangaea bildeten sich langsam unsere heutigen Kontinente heraus.

Aus dem Erdmittelalter wurde das Erdneuzeitalter, Känozoikum. Alle folgenden Etappen der Ausstellung sind Epochen dieses Zeitalters.

Im Eozän (65 – 34 Millionen Jahre v.Chr.) kam es zu einer explosionsartigen Vermehrung der Säugetiere.

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Im Oligozän (34 – 23 Millionen Jahre v.Chr.) sank die Temperatur weltweit um einige Grad Celsius. Es bildeten sich Gletscher, wodurch der Meeresspiegel um etwa 30 Meter sank. Im Verlauf des Oligozäns wurden daraus mehr als 150 Meter. Die Landfläche vergrößerte sich, wodurch sich auch die Kontinente erneut veränderten. Durch die neu entstandenen Landverbindung kam es zu Wanderungen bei den Tieren, dem so genannten Faunenaustausch. Arten, die vorher getrennt existiert hatten, stießen aufeinander und traten in Konkurrenz, was Aussterben, Ausbreitung, Vermischung und Veränderung zur Folge hatte.

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Während Miozän (23 – 5 Millionen Jahre v.Chr.) und Pliozän (5 – 2,5 Millionen Jahre v.Chr.) kühlte es weltweit weiter ab, bis die Temperatur im Durchschnitt etwa 5 Grad über der heutigen lag. Gegen Ende kündigte sich die Eiszeit an. Die antarktische Eiskappe bildete sich. Auf der Erde breiteten sich erstmals Savannen aus, und die Tierwelt näherte sich der heutigen an. Es entwickelten sich Vorfahren der heutigen Wölfe, Katzen, Pferde, Hirsche und Kamele. Wichtig waren auch Rüsseltiere und weitere Gruppen, die heute ausgestorben sind.

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Im Pleistozän (2,5 Millionen Jahre – 10.000 Jahre v.Chr.) wechselten sich Warm- und Kaltzeiten ab. Am Übergang zum Holozän, der Epoche, in der wir heute noch leben, kam es mit der letzten Eiszeit zu einem Massenaussterben. Vor allem große und sehr große Arten waren betroffen. Gleichzeitig kam es zur weltweiten Ausbreitung des Menschen. Bis heute ist umstritten, ob der Klimawandel oder der Mensch ausschlaggebend für die Aussterbewelle war.

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Hier würde sich jetzt die Frühmenschen-Ausstellung thematisch anschließen, zu der ich, wie schon erwähnt, leider nichts sagen kann. In der Jungtier-Ausstellung waren zeitliche Aspekte weniger ausschlaggebend. Hier wurden den Jungtieren Namen verliehen, und auf Kinderaugenhöhe platzierte Texttafeln erzählten von der ersten Jagd Sam Smilodons, den Abenteuern Martha Macrauchenias, usw. Eine charmante Idee, auch wenn sie stark vom Rest der Ausstellung abweicht.

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Insgesamt hat mir die Ausstellung sehr gut gefallen, auch die Texte waren kurz, informativ und erstaunlich unterhaltsam. Ein Kritikpunkt sei mir jedoch gestattet: Jede Texttafel war mit einem QR-Code versehen. Die Codes ließen sich auch einwandfrei scannen. So weit, so gut.

Aber die Verlinkungen – alle QR-Codes verlinkten auf die (nicht mobile) Homepage der Ausstellung. Und zwar auf die Startseite. Obwohl es ein virtuelles „Datenblatt“ zu jedem einzelnen Exponat gab! Das fand ich sehr schade. Wäre man durch das Scannen der QR-Codes zu der Unterseite gelangt, die das fragliche Tier beschreibt, hätte man gleich noch ein bisschen mehr lernen können. Und twittern können, was man gerade liest, usw. Da die Unterseiten ja existieren, hätte es sich durchaus machen lassen. Eine mobile Seite wäre natürlich das Tüpfelchen auf dem i gewesen…