Am 21. und 22. Mai war die Alte Börse in Leipzig Schauplatz einer Tagung, die Interessierte aus ganz Deutschland zusammenbrachte. 27 Vorträge und zwei Workshop wurden zu einem „bunten Blumenstrauß“ gebunden, wie Moderator und Veranstalter Thilo Martini es so treffend ausdrückte. Für mich persönlich war es die erste Teilnahme an einer MAI-Tagung (die Abkürzung steht, nebenbei bemerkt, nicht nur für den Veranstaltungsmonat, sondern auch für Museums And the Internet). Letztes Jahr konnte ich nicht live dabei sein, da der Termin mit dem 60. Geburtstag meines Vaters kollidierte – doch via Twitter erfuhr ich genug, um meine Abwesenheit zu bedauern. Dieses Jahr stand die Tagung daher von Anfang an auf dem Plan, und die Fahrt nach Leipzig hat sich auch definitiv gelohnt!

Vor den Workshops musste ich leider schon wieder abreisen, doch die Vorträge waren sehr spannend. Gegliedert in fünf thematische Blöcke (Geocaching; Augmented Reality; Linked Heritage, Enrichment und Hackatons; Barriefreieheit und andere Projekte; Social Media) und den letzten Block mit den berühmt-berüchtigten „Short Cuts“ gaben sie Einblicke in ein breites Spektrum von Projekten und Bereichen des Themas. Wie schon bei meinem Bericht von der Museumsbund-Tagung sehe ich mich außerstande, über alle Vorträge zu berichten, verweise jedoch gern auf die archivierten Tweets auf Storify – da der Hashtag #maitagung fast durchgängig Trendig Topic war, wurde die Twitterwall konsequent zugespammt. Die bereinigte, „eingefrorene Twitterwall“ ist hier zu finden: Tag 1 und Tag 2. Soweit ich im Nachhinein feststellen konnte, gab es während der Dauer der Veranstaltung 751 Tweets, wer von zuhause aus mitgelesen hat, dürfte also zumindest eine ganze Menge mitbekommen haben. Gemäß der sehr lobenswerten Tradition der MAI-Tagung werden die Beiträge sämtlicher Referenten in den nächsten Tagen auf der Homepage der Tagung als PDFs zum Download zur Verfügung stehen, daher hier nur einige kurze Hinweise:

Wir erfuhren im Vortrag von Stefan Klein zur Schnittstelle Schule und Museum, was ein „schulscharfes Angebot“ ist, Marcus Cyron machte uns mit dem neuen Forschungsgebiet der Wikipedistik vertraut und verriet, dass er Deutschlands erster Wikipedian in Residence ist. Vier Studentinnen der HTW Berlin, Stefanie Kinsky, Sarah Kraschewski, Sarah Ludewig und Lisa Schultze, stellten ihre bemerkenswerte Studie zur Facebook-Nutzung deutscher Museen vor, und Simon A. Frank und Werner Schweibenz präsentierten einen Leitfaden, der nach der Bearbeitung von 142 Fragen verrät, ob bzw. inwieweit eine Institution fit ist in Sachen Social Media.

Jetzt muss ich noch schnell zwei Dinge herausgreifen, deren Potenzial für die tägliche Arbeit im Museum meiner Meinung nach enorm ist: Es hat mich gefreut, zu hören, dass mithilfe digitaler Bilderkennungssoftware bereits jedes beliebige zweidimensionale Bild zum Auslöser einer AR-Erfahrung werden kann! Damit ist es zum Beispiel möglich, dass Besucher mit ihrem Smartphone ein Gemälde einscannen und dann auf dem Display eine dreidimensionale Szene sehen. Hier eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten des Kuratierens – und vielleicht gilt in ein paar Jahren die Regel, dass zu viel „Flachware“ (also, Dokumente, Bücher, Grafiken u.ä.) in einer Ausstellung die Besucher langweilt, gar nicht mehr?

Tobias Helms hat für die Ornamentstichsammlung der Kunstbibliothek Berlin ein Enrichment-Tool entwickelt, das es ermöglicht, Datensätze mit den betreffenden Einträgen anderer Portale zu verknüpfen – Wikipedia, DigiCult, Flickr, YouTube, Google Maps u.v.m. (Das Tool ist bereits in die Datenbank integriert und kann hier getestet werden – ein Klick auf „Erweiterte Objekte“ zeigt Beispiele an. Am rechten Bildschirmrand erscheint dann eine Leiste mit den Symbolen der verknüpften Plattformen:) Das ist zweifellos eine tolle Ergänzung zu den Datensätzen von bereits bearbeiteten Objekten, es wäre aber ohne Frage auch eine extrem praktische Hilfe bei der Bearbeitung von noch nicht inventarisierten/nur rudimentär erfassten Beständen. Wenn ich Tobias Helms richtig verstanden habe, ist es durchaus denkbar, dass die Ornamentstichsammlung Berlin nur der erste einer ganzen Reihe von Kunden sein wird, es könnte in Zukunft also mehr Datenbanken mit dem Enrichment-Tool geben.

Dass die Teilnahme an der MAI-Tagung so viel Spaß gemacht hat, lag nicht zuletzt an der herausragenden Organisation – die Moderation von Herrn Martini sorgte dafür, dass alle Speaker sich an ihre Zeit hielten und der rote Faden nie verloren ging, und da für das leibliche Wohl sehr gut gesorgt war, fehlte es auch nicht an Energie zum Zuhören.

Last but not least hat es mich sehr gefreut, so viele Leute, die ich über Twitter, Facebook etc. bereits schon länger „kannte“, endlich einmal persönlich zu treffen!