Seit dem 8. Juni 2011 gibt es in Frankfurt am Main eine neue Art, die Stadt zu entdecken: Entlang der Wallanlagen wurden 23 Kunstwerke und Denkmäler mit Quick-Response-Codes beschildert. Für Spaziergänger ohne Smartphone erschließt sich das Projekt kaum: Auf 15x20cm großen Edelstahltafeln finden sich der Name des Künstlers, der Titel des Kunstwerks, das Datum seiner Errichtung am Standort sowie der Link zur Homepage des Projekts.

Schild

Für Smartphone-User dagegen wurde ein echter Mehrwert geschaffen: Soweit sie einen QR-Code-Reader installiert haben (was kein Problem darstellt, da viele Geräte schon von Haus aus darüber verfügen bzw. man die Wahl zwischen mehreren kostenlosen Apps hat), können sie den Code einscannen. Auf ihrem Display erscheint daraufhin ein Link, der zur Beschreibung des Kunstwerks führt und gleichzeitig Aufschluss über das Projekt als Ganzes gibt.

Scananleitung

Screenshot: http://www.kunst-im-oeffentlichen-raum-frankfurt.de/de/page15.html

Am Ende des Textes findet sich der Button „Weitere Objekte“, der zu einer Umgebungskarte führt. Diese ist leider noch recht ungenau und wurde von meinem iPhone 3G gar nicht erst geladen.

Das Projekt ist aus einer Kooperation des Kulturamts der Stadt Frankfurt am Main mit dem Institut für Neue Medien Frankfurt entstanden. Insgesamt soll es auf über 500 Objekte erweitert werden, die Rede ist vom „großen Outdoor-Museum Frankfurts“. Für die 23 Kunstwerke in den Wallanlagen ist eine einjährige Testphase geplant. Daraus ergibt sich ein schöner Spaziergang durch einen grünen Teil Frankfurts, der auch Orte einschließt, die man selbst als Ortsansässiger sonst eher selten aufsucht.

Wir sind gegen 18 Uhr gestartet, bis zum Einbruch der Dunkelheit haben wir es geschafft, 19 der 23 Stationen zu besuchen – ein Kunstwerk haben wir zwischendurch schlicht übersehen. Die QR-Codes ließen sich sowohl mit dem NeoReader auf dem iPhone 3G als auch mit i-nigma auf dem iPhone 4 recht gut scannen. Mein Kritikpunkt ist, dass die Schilder so niedrig und nicht immer gut sichtbar sind. Man muss sie oft suchen, und mein iPhone hatte mit dem Schattenwurf durch die Büsche und Bäume ringsum zu kämpfen – ich musste grundsätzlich vor den Schildern in die Hocke gehen und ein bisschen mit dem Winkel experimentieren, um die Codes abscannen zu können. Darüber hinaus befinden sich die Schilder auch an Stellen, wo es nicht zwingend erforderlich wäre, auf den Grünflächen, teilweise sogar hinter niedrigen Einfassungen. Das war für mich kein Problem, aber barrierefrei ist es nun wirklich nicht – das ist ein Aspekt, der meiner Meinung nach bei der Erweiterung des Projekts stärker bedacht werden sollte.

Wir haben den Rundgang am Willy-Brandt-Platz begonnen, mit dem Märchenbrunnen direkt hinter den Städtischen Bühnen. Wie man den Fotos ansieht, war das Wetter nicht ganz optimal, ich hatte eigentlich schon befürchtet, dass wir vor einem Gewitter flüchten müssten – aber wir hatten Glück. Für das Pilotprojekt die Wallanlagen auszuwählen, war in meinen Augen eine hervorragende Entscheidung – bei einer Erweiterung auf 500 Objekte wird es kaum mehr möglich sein, die „Outdoor-Ausstellung“ als Ganze zu besichtigen, aber der Spaziergang durch die Wallanlagen ist definitiv ein Vergnügen. Im Alltag wird es ja auch eher so aussehen, dass Passanten die Codes von ein, zwei oder drei Kunstwerken abscannen – eine schöne Bereicherung für die Mittagspause!

Für den gelegentlichen Lacher sorgten schon jetzt unsere geflügelten Mitbewohner – der eine oder andere QR-Code ließ sich nicht mehr auf Anhieb scannen, da er bereits „dekoriert“ worden war…

Was mich etwas verblüfft hat, waren die Quellenangaben am Ende der Texte. Im Regelfall war eine einzige Internetquelle aufgeführt, oft genug ein Wikipedia-Artikel. Online-Quellen zu verwenden ist im Rahmen des Projekts natürlich naheliegend und sinnvoll, aber der Grundsatz, immer mindestens (!) zwei Quellen zu befragen, sollte doch auch hier beachtet werden.

Hier noch die Fotos der Kunstwerke, die wir anschauen konnten:

 

Neben der Homepage von „Kunst im öffentlichen Raum Frankfurt“, auf der die Entstehungsgeschichte des Projekts, einige Infos zu den einzelnen Objekten und ihren Standorten sowie Pressefotos und die Übersichtskarte zu finden sind, gibt es bereits einen Artikel von Sebastian Hartmann, der in seinem Blog auf einige Beispiele für die Nutzung der QR-Codes in deutschen Museen eingeht: http://museumsreif.posterous.com/das-museum-und-der-qr-code-beispiele-fur-mobi#comments.

Ich bin sehr gespannt, wie sich das Projekt weiterentwickelt und welche Richtung es nimmt. In jedem Fall werde ich es weiter verfolgen und ggf. über Neuigkeiten berichten. Und ich fände es sehr amüsant, wenn sich meine Vermutung bewahrheiten würde, dass mit „Kunst im öffentlichen Raum Frankfurt“ eine ganz neue Zielgruppe angesprochen wird – die Frankfurter Banker und Geschäftsleute, die eigentlich mehr in der Mittagspause ein bisschen mit ihren Smartphones spielen wollen… 😉