Im Juni war ich für zwei Tage nach Berlin eingeladen, um den Abschuss eines größeren Projekts zu feiern. Glücklicherweise hatte ich einige Stunden zur freien Verfügung, und die nutzte ich selbstredend, um Museen zu besuchen. Da die Zeit nicht für mehr als zwei reichte, erforderte die Auswahl harte Entscheidungen – und meine waren eindeutig geprägt von Twitter. Ich besuchte das DDR Museum und das Deutsche Currywurst Museum, auf die ich in erster Linie durch das Social Web aufmerksam geworden war. Heute nehme ich Sie daher mit auf einen Ausflug in die Geschichte einer deutschen Kultspeise.

Sehr einladend: Das Deutsche Currywurst Museum

Sehr einladend: Das Deutsche Currywurst Museum

(Möchten Sie diesen Beitrag lieber hören? Dann bitte hier entlang zum Podcast.)

 

Das Currywurst Museum ist insbesondere auf Twitter ein schönes Beispiel dafür, wie man mit ein wenig Humor und Mut zu einer unkonventionellen Herangehensweise viel erreichen kann. Anders als andere Museen tritt dieses Haus dort in Gestalt seines Maskottchens auf: Es twittert die sprechende Currywurst QWoo (gesprochen: Ku-Wuh). Der Auftritt geht weit über klassisches Marketing hinaus. QWoo beteiligt sich mit Witz und Geist an Gesprächen über Gott und die Welt. Das erfordert natürlich viel Zeit, macht aber auch einen ausgesprochen sympathischen Eindruck. Es erklärt auch, warum ich persönlich immer ein bisschen entrüstet war, wenn es zu Anfeindungen kam, ob es so etwas wie ein Currywurst Museum überhaupt geben sollte. Bis vor Kurzem kannte ich die Ausstellung noch nicht, deshalb wollte ich das unbedingt ändern.

Wer das Museum betritt, sieht auf den ersten Blick, dass diese Ausstellung sich von anderen unterscheidet, was ich ja grundsätzlich gut finde. Schließlich sollte eine Ausstellung um ihr Thema herum entwickelt sein und zu ihm passen. Im Currywurst Museum ist die Gestaltung absolut konsequent: Es dreht sich wirklich alles, aber auch alles um die Wurst. Die Orientierung in der Ausstellung erleichtert eine Liste der Stationen mit Wegweiser, die man beim Kauf des Tickets in die Hand gedrückt bekommt.

Eine Hörstation in Gestalt eines Bistrotischs führt ins Thema ein, wer eine der Ketchupflaschen anhebt, lernt dazu

Eine Hörstation in Gestalt eines Bistrotischs führt ins Thema ein, wer eine der Ketchupflaschen anhebt, lernt dazu

Zunächst kann man sich über sechs berühmte Currywurst-Buden informieren, dann lernt man die Typologie der Imbissbude kennen. Spätestens das ist doch Wissen, das man im Alltag gebrauchen kann, oder? 😉

Die Karte verortet sechs berühmte Currywurst-Buden

Die Karte verortet sechs berühmte Currywurst-Buden

Ein Blick durch das Fernglas verrät mehr über je eine der vorgestellten Wurstbuden

Ein Blick durch das Fernglas verrät mehr über je eine der vorgestellten Wurstbuden

Danach ist man eingeladen, auf dem Wurstsofa Platz zu nehmen und einen Film über die Wurstproduktion anzuschauen. In den nächsten Stationen werden typisches Geschirr und Besteck für den Verzehr der Currywurst, regionale Variationen in Bezug auf die Rezeptur und das Innere einer Wurstbude vorgestellt.

Wurstsofa

Konsequenz in der Gestaltung wird hier groß geschrieben, wie das Wurstsofa zeigt

In der gesamten Ausstellung gibt es neben der Erzählebene für Erwachsene eine zweite für Kinder. Unterhalb der anderen Beschriftungen hängen kleine Boxen, in denen eine Frage steht. Die Antwortmöglichkeiten sind so gestaltet, dass ein Kind nur rudimentär lesen können muss bzw. nur ein wenig Hilfe von Erwachsenen benötigt, um seine Wahl zu treffen. Ein schönes Konzept, das es immer noch bei Weitem nicht überall gibt.

Beschriftung für Kinder im Currywurst Museum

Eine zweite Erzählebene für die kleinen Besucher des Museums

Danach kommt die Soße dran, auch hier wird sehr anschaulich Wissen vermittelt. Es wird zuerst geklärt, aus welchen Zutaten die Soße besteht; das Curry wird danach separat erklärt.

Sauce im Currywurst Museum

Die Soße ist genauso wichtig wie die Wurst

Typisch für die Gestaltung des Museums: Alles, sogar die Bestandteile der Sauce, wird anschaulich präsentiert

Typisch für die Gestaltung des Museums: Alles, sogar die Bestandteile der Soße, wird anschaulich präsentiert

Direkt im Anschluss geht es in die „Gewürzkrämerei“. Wer vorher noch nicht wusste, dass Curry eine Mischung aus mehreren Gewürzen ist – weshalb Curry nie gleich Curry ist, da die Möglichkeiten der Variation endlos sind -, der erfährt es hier.

Gewürzkrämerei im Currywurst Museum

An den Wänden der Gewürzkrämerei werden einzelne Bestandteile vorgestellt; die Riechstation in der Mitte lädt zum Testen der eigenen Nase ein

Natürlich darf auch die Geschichte nicht fehlen: Die Ausstellung erzählt von Herta Heuwer, die sich die Currywurst als ihre Erfindung patentieren ließ. Aber auch die Hamburger kommen zu ihrem Recht, denn dort gilt Lena Brücker als Erfinderin. Für mich persönlich war das eine Reise in die Vergangenheit – meine allererste Tätigkeit im Museum fand im Rahmen einer Ausstellung rund um das Essen statt, in der auch die Currywurst eine Rolle spielte.

Dieser Bericht hat Ihnen hoffentlich einen ersten Eindruck von der Ausstellung verschafft – es gibt im Currywurst Museum aber selbstredend noch etliche Stationen mehr zu entdecken. Insgesamt kann ich den Besuch dort nur empfehlen. Zu diesem Fazit ist auch schon Wibke Ladwig auf dem Blog der Herbergsmütter gekommen. Natürlich bleibt zu beachten, dass es in diesem Museum um die Currywust und nur darum geht. Wem das zu trivial ist, der gehe nicht hin. Wer aber bereit ist, sich darauf einzulassen, der wird sicher nicht enttäuscht. Die Ausstellung ist wirklich gut gemacht – sie unterhält, informiert und wird an keiner Stelle langweilig. Mir war gar nicht bewusst, wie viel man über die Currywurst wissen kann oder sollte. Und natürlich sollte man sich spätestens im Rahmen des Museumsbesuches mal mit QWoo auf Twitter unterhalten!

Tanja Neumann

Tanja Neumann

museums(t)raum